Zum Inhalt springen

Wohlwollende Ignoranz

Gesehen bei Michael Winkler: Dieser Text ist der 605. Pranger

Als sie die Reichsbürger abgeholt haben, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Reichsbürger.
Als sie die Rechten abgeholt haben, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Rechter.
Als sie die letzten Dissidenten abgeholt haben, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Dissident.
Als sie die Nichtwähler abgeholt haben, habe ich geschwiegen, denn ich bin ja immer zur Wahl gegangen.
Als sie mich abgeholt haben, war keiner mehr da, der da noch hätte reden können.

Ja, ich weiß, das Original zählt andere Gruppen auf. So aber paßt diese Sentenz in unsere Zeit, und sie ist aktueller denn je. Wir brauchen keinen türkischen Erdogan, um zu merken, wie weit wir schon in dem vorangeschritten sind, was landläufig als „Nazi-Staat“, korrekt jedoch als „totalitärer Staat“ bezeichnet wird. Was über die Jahre 1933 bis 1945 berichtet wird, ist durch die Zerrbrille Hollywoods verfälscht worden, ist keine Berichterstattung, sondern Propaganda-Material. 99% der Deutsche wollten damals das Gleiche, was heute 99% der Deutschen wollen: Über die Runden kommen, dem Leben ein paar schöne Seiten abgewinnen, in Ruhe gelassen werden.

Das Trauma des Ersten Weltkriegs, die Notzeit danach, die Vernichtung der Ersparnisse in der Hyperinflation, die Arbeitslosigkeit der großen Depression, sie begannen zu verblassen. Die Deutschen schauten wieder nach vorne, hegten Hoffnung, schmiedeten Pläne für eine bessere Zukunft. Deshalb sind sie Hitler gefolgt, haben ihn verehrt und geliebt. Ich würde zu gerne sehen, was aus dem Nationalsozialismus, was aus Deutschland geworden wäre, hätte es keine Aufrüstung und keinen Zweiten Weltkrieg gegeben. Es ist allerdings müßig, darüber zu spekulieren, denn was 1933 funktioniert hat, gilt nicht für das Jahr 2017. Wir können zurückschauen und lernen, doch wir müssen unseren eigenen Weg in die heutige Zukunft finden.

Bis etwa 1980 war die am besten „dokumentierte“ Periode der Geschichte der „Wilde Westen“ gewesen. John Wayne, Clint Eastwood und wie die Schauspieler sonst geheißen haben, die mit rauchenden Colts ihre Ponderosa oder High Chaperall verteidigt haben. Auch wenn manche Figuren wie Wyatt Earp und Doc Holiday historische Persönlichkeiten gewesen waren, haben wir doch gewußt, daß uns da Geschichten erzählt werden. Mittlerweile hat die Nazizeit den Wilden Westen zumindest in Deutschland verdrängt. Die meisten dieser „Dokumentationen“ stammen aus Amerika, sehen die Angelegenheit durch die amerikanische Brille, die mit der amerikanischen Kriegspropaganda konform gehen muß. Diese Produktionen klären also nicht auf, sondern sind Feindpropaganda.

Gerade beim sogenannten Holocaust stellt sich immer wieder heraus, daß der gefeierte Autor, der wegen seiner Erlebnisberichte überall herumgereicht worden ist, dies alles frei erfunden hatte, niemals persönlicher Verfolgung ausgesetzt gewesen war, geschweige denn ein Konzentrationslager von innen gesehen hatte. Ansonsten zeigen uns die Propagandafilme gerne, wie Deutschland gezielt auf den Krieg hingearbeitet und die Rüstung vorangetrieben hätte. Daß gerade Adolf Hitler umfangreiche Abrüstungsangebote unterbreitet und während des Krieges ständig um Frieden nachgesucht hatte, kommt in diesen Dokumentationen nicht vor. Tatsache ist, daß in Deutschland die Weltwirtschaftskrise schon 1933 überwunden worden war, noch vor der Aufrüstungsphase, in den USA jedoch erst 1940, als dort die Kriegsproduktion begonnen hatte.

Die fortgesetzte Feindpropaganda zeigt deutliche Wirkung: Obwohl praktisch jeder Deutsche glaubt, daß der eigene Großvater in den Krieg gezwungen worden und keinesfalls ein Kriegsverbrecher gewesen war, glaubt derselbe Deutsche, daß die Großväter der anderen Deutschen mordlüsterne Verbrecher gewesen waren, für die er sich heutzutage schämen muß. Um ja nicht selbst schuldig zu werden, halten sich diese Deutschen aus allem heraus. Sie hinterfragen nicht, sie akzeptieren. Die Wahrheit wäre leicht zu ermitteln, doch mit morbider Sturheit wird weiterhin die Feindpropaganda im Fernsehen verfolgt.

Die Mehrheit der Deutschen will sich nicht aufklären lassen. Ich vermute, daß die Zeig-den-Führer-Filmchen kaum noch angeschaut werden, weil jeder umschaltet, wenn er derartige Beiträge das hundertste Mal vorgesetzt bekommt, trotzdem werden sie immer wieder ins Programm genommen. Der normale Deutsche tut alles, um nicht als Nazi aufzufallen. Er entwickelt gegenüber diesem Vorwurf einen Unterwerfungsreflex. Nazis sind schließlich böse, das sagt ihm sein Fernseher Tag für Tag. Deshalb muß jeder auch nur den geringsten Anschein vermeiden, selbst ein Nazi zu sein.

Nur, leider, hilft das nichts. Die NSDAP hatte 1945 zwölfeinhalb Millionen offizielle Mitglieder, heute hat sie 75 Millionen inoffizielle Mitglieder, denn jeder gebürtige Deutsche, jeder gebürtige Österreicher, jeder im Ausland, der sich zu seinen deutschen Wurzeln bekennt, ist für die deutsche Regierung ein potentieller Nazi. Abgesehen von ein paar Millionen Juden hält nur etwa ein Prozent der Weltbevölkerung die Deutschen für Nazis – was ungefähr dem Anteil der Deutschen an jener Weltbevölkerung entspricht.

Gegen diese Grundüberzeugung läßt sich nicht anargumentieren. Abgesehen davon, ist gesetzlich festgelegt, daß eine „Verharmlosung“ oder eine „Rechtfertigung“ der Ereignisse zwischen 1933 und 1945 strafbar ist. Als Verharmlosung oder Rechtfertigung gilt inzwischen das, was der ständig vorgeführten Feindpropaganda widerspricht, also nicht der Geschichte, sondern den Geschichten. Der SS-Mann, der einem Nachbarskind einen Apfel schenkt, ist unerwünscht, er hat gefälligst das Kind mit dem Bajonett aufzuschlitzen.

Das Besondere an der fortlaufenden Volksaufklärung mittels Feindpropaganda ist, daß nur wenige Deutsche erkennen, wie viele der angeprangerten Nazimethoden bereits in den Alltag eingeflossen sind. Nur, weil die Nazimethoden jetzt gegen „Nazis“ gerichtet werden, ändert das nicht die Verabscheuungswürdigkeit dieser Methoden. Jene, die sich heute „Antifaschisten“ nennen, prügeln in jenem Geist, den vor 80 Jahren SA und Rotfront gezeigt haben, wenn sie auf den Straßen die Politik mit Fäusten und Knüppeln ausgetragen haben. Der Gastwirt, der heute kein Zimmer an „Rechte“ vermietet, hätte vor 70 Jahren keinen Juden reingelassen. Und wer heute kein Bier an „Nazis“ ausschenkt, hätte damals Juden nicht bedient.

Die einseitige Hetze gehört zu den Nazimethoden, die uns das Fernsehen unaufhörlich vorführt. Eine Stunde später wird erneut dieselbe Hetze vorgeführt, nur sind das diesmal die Nachrichten. Gehetzt wird aktuell nicht gegen Juden, sondern gegen „Reichsbürger“, die als Deutsche minderen Rechts behandelt werden. Im letzten Jahr hat ein einziger Reichsbürger einen einzigen Polizisten erschossen. Seither finden ständig Razzien gegen Reichsbürger statt, und jeder, der in Verdacht gerät, denen auch nur nahezustehen, bekommt ohne weitere Begründung seine bislang legalen Waffen abgenommen. In diesem Zeitraum sind mehrere größere Anschläge von Moslems verübt worden. Der Alltags-Wahnsinn, bei dem Mohammedaner vergewaltigen oder mit Messern um sich stechen, ist ohnehin keine Schlagzeile mehr wert. Wer ist folglich gefährlicher? Eindeutig die Muselmanen, gehetzt wird jedoch gegen die Reichsbürger.

Aber etwas gegen die Ausländer zu sagen, ist ja sowas von Nazi… Rapefugees welcome! Das ist inzwischen Deutschland: Ein junges Pärchen schlägt an der Sieg ein Zelt auf, um eine romantische Nacht zu verbringen. Dann kommt der Schwarze Mann mit der Machete, drischt auf das Zelt ein, vergewaltigt die 23jährige Frau, der 26jährige Mann darf zuschauen. Was daran falsch ist? In einem anständigen Land hätte der Mann einen 45er dabeigehabt und den Vergewaltiger über den Haufen geschossen! Anschließend hätten anständige Beamte den Fall aufgenommen und das Bild des Schützen wäre als lokaler Held in die Zeitung gekommen. Hätte er in Deutschland geschossen, hätten ihn Beamte anschließend verhaftet und Richter wegen überzogener Notwehr verurteilt. Für den geschätzten Herrn Vergewaltiger hätte es Lichterketten gegeben und eine Trauerfeier im Beisein hochrangiger Politiker.

Die übliche Reaktion Deutscher auf die Erwähnung des 45ers ist übrigens ein wohlwollendes Nicken und ein anschließender Themenwechsel. Es wäre schon gut, wenn der Vergewaltiger erschossen worden wäre, aber nur dann, wenn der Schütze schwarz und der Verbrecher weiß gewesen wäre. Die Deutschen wollen nicht aufgeweckt werden, sie wollen in ihrem Wohlfühlkokon bleiben. Sie hören lieber weg, und haben später wieder einmal nichts gewußt. Jene Deutschen, die ihren Vorfahren vorwerfen, daß sie bei Hitler nichts gewußt, daß sie damals geschwiegen hätten, wissen heute von nichts und schweigen zu allem.

Glauben Sie etwa, daß das Grundgesetz einen totalitären Staat verhindert? Dann lesen Sie doch mal nach! Abgesehen von Artikel 102, der die Todesstrafe abschafft, hätte das Grundgesetz wunderbar in den Jahren 1933 bis 1945 funktioniert. Den Artikel 102 hätte man 1933 abgeändert, direkt nach dem Reichstagsbrand. Ulbricht, Honecker und Mielke hätten problemlos auf dem Boden des Grundgesetzes agiert, sogar das Wiedervereinigungsgebot hätten sie bestehen lassen. Auch der Schießbefehl an der Mauer („Das Nähere regelt ein Bundesgesetz“) und Inhaftierung der Regimegegner („Das Nähere regelt ein Bundesgesetz“) wären abgedeckt gewesen.

Das Merkel-Regime kommt großartig mit dem Grundgesetz zurecht, da werden allerlei Freiheiten eingeschränkt, „aus Gründen der Sicherheit“, natürlich. Zwar haben die diversen Ämter für Verfassungsschutz noch nicht die Personalstärke der ehemaligen Staatssicherheit erreicht, dank der Blockwart-Mentalität der Deutschen sind nicht einmal Inoffizielle Mitarbeiter nötig. Es findet sich immer ein „guter“ Staatsbürger, der es für seine Pflicht hält, Andere anzuzeigen. Dem folgt ein willfähriger und ehrgeiziger Staatsanwalt, der Beförderungspunkte sammeln will, und diesem wiederum ein Richter, der aus der Geschichte nichts gelernt hat und sie deshalb wiederholen muß.

Fällt das niemandem in Deutschland auf? Passiert jetzt schon wieder das, was angeblich nie wieder hätte passieren dürfen? Der „mündige Bürger“ ist längst eine Illusion, die Mehrzahl dieser Bürger sind Lemminge, die schließlich über die Klippe springen und erst im Wasser aufwachen, kurz vor dem Ertrinken. Der Bürger des totalen Merkelstaates hört zu, nickt beifällig und hat alles vergessen, kaum daß er sich herumgedreht hat. Die wohlwollende Ignoranz hat um sich gegriffen, die alles ausblendet, was nicht zur eigenen Wohlfühlsphäre gehört. Das Leben ist schließlich schwer genug, das Geld fürs neue, noch größere Auto muß schließlich verdient werden. Auf dem Haus lastet eine Hypothek, und in den Urlaub möchte man schließlich auch. Da bleibt keine Zeit mehr übrig, sich um die „öffentlichen Angelegenheiten“ zu kümmern, dafür gibt es schließlich Politiker.

Mit dieser Mentalität wird das Leben von Jahr zu Jahr schlechter. Die Hälfte der Bevölkerung hat keinerlei Rücklagen für den Notfall. Wozu auch? Es gibt ja Ratenzahlungen und die Banken helfen mit Krediten, das neue Auto gibt es auf Leasing… Gerade einmal zehn Prozent der Deutschen geht es richtig gut, selbst die folgenden 40 Prozent laufen im Hamsterrad, sind zu beschäftigt, um sich ihrer eigenen Situation bewußt zu werden.

Unser Finanzsystem ist instabil, wir können es mit einem immer höher gebauten Kartenhaus vergleichen, korrekter wäre ein Vulkan vor dem Ausbruch. Das zusammenfallende Kartehaus richtet keine weiteren Zerstörungen an, der Vulkan hingegen schon. Haben Sie genug Essen für den morgigen Tag im Haus? Für die kommende Woche? Für den nächsten Monat? Wann müssen Sie einkaufen? Was tun Sie, wenn der vertraute Supermarkt geschlossen hat? Wenn die Tankstelle nicht einmal mehr Benzin verkauft? Wenn der Pizzadienst den Telephonhörer nicht mehr abhebt? Ein Massaker an den Weltbörsen können Sie zunächst überleben, aber leere Regale im Lebensmittelladen?

Ach so, das haben Sie schon mal gehört… Als Leser dieser Seite werden Sie sich entsprechend vorbereitet haben, doch wie sieht es bei Ihrem Nachbarn aus? Ja, genau, der nette Mensch, der so freundlich nickt, wenn Sie ihm raten, sich ein paar Dosen nach Hause zu holen, und dann doch nichts tut. Die wohlwollende Ignoranz ist umfassend, sie geht davon aus, daß sie nur den Kopf fest genug in den Sand stecken muß, damit alle Unbilden der Zukunft sie nicht finden werden. Freundliche Nachbarn, die sich dereinst um eine seit fünf Jahren abgelaufene Dose Ravioli prügeln werden.

Der „Darwin-Award“ ist eine inoffizielle Auszeichnung für Menschen, die aus eigener Dummheit ums Leben kommen, als Dank dafür, daß sie ihre Gene aus der Menschheit entfernt haben. Er honoriert das Ableben der Untüchtigsten. In dem Augenblick, in dem das eintrifft, was sich längst deutlich abzeichnet, werden diese Preise zahlreich verliehen. Es ist nur unsicher, ob die Katastrophe zuerst kommt oder sich Deutschland zuerst zu einem offen totalitären Entrechtungsstaat entwickelt. Betrachten wir das politische und das Justiz-System, so stellen wir fest, daß wir auf diesem Weg schon ein gewaltiges Stück vorangekommen sind.

Mir persönlich sind alle drei Zukunftsversionen willkommen. Diejenigen, die den totalitären Staat herbeiführen, den ich mit Wort und Schrift bekämpfe, werden in diesem Staat viel länger leben müssen als ich. Sie ernten, was sie gesät haben, denn das wird auf sie zurückfallen. Wenn die Börsen zusammenbrechen und anschließend die Wirtschaft, werde ich auch das irgendwie überstehen. Und wenn nicht, ist mir das auch recht. Und sollte die Märchenwelt ausbrechen, alles sich plötzlich zum Besseren wenden, werde ich das wohlwollend begleiten – nicht ignorieren.

Die Zeit, um der wohlwollenden Ignoranz Warnungen zukommen zu lassen, läuft ab. Die Gefahr wächst, daß der Ignorant nicht mehr wohlwollend bleibt, wenn er glaubt, als Blockwart und Denunziant ein paar allerletzte Vorteile einzuheimsen. Wenn leere Regale zu Hunger führen, erinnern sich Ignoranten gerne, daß ihnen jemand geraten hat, Vorräte anzulegen. Dieser Jemand hat demnach vorgesorgt, da ist also etwas zu holen… Und im märchenhaften Szenario haben die Ignoranten recht behalten, ja, sie haben ein viel ruhigeres und unbeschwerteres Leben gehabt. Allerdings hat in der Fabel die Ameise gewonnen, nicht die wohlwollend ignorante Grille.

Im Rahmen der höheren Gerechtigkeit erhalten die Menschen letztlich das, was sie sich verdient haben. Wer wohlwollend ignorant durchs Leben läuft, versäumt es, sich zu entwickeln. Mit über sieben Milliarden Menschen ist die Erde überfordert. Nur wenige Menschen werden den Sprung auf die nächste Ebene schaffen, die meisten sind darauf angewiesen, zur Erde zurückzukehren. Es wird jedoch eine lange Zeit dauern, bis sich für die Entwicklungsverweigerer dazu eine Möglichkeit ergibt.

© Michael Winkler

Schlagwörter:

Schreibe einen Kommentar